Mittlerweile ist bekannt: Der 18-Jährige Massenmörder von München
- wurde von seinen Mitschülern gemobbt und isoliert
- hat Türken und Juden gehasst
- sagte „ich bin hier geboren, ich bin Deutscher“
- hat im Internet Frauen beschimpft
- befand sich in Therapie, wohl wegen Angststörungen
- ist nach Winnenden gereist, um sich am Ort des dortigen Amoklaufes umzusehen
Diese Faktoiden ergeben das Bild eines verstörten, kranken jungen Menschen, aufgeladen mit Hass auf die Welt und auf sich selber.
Sich zu fragen, was man nun verändern muss an der Gesellschaft, an den Gesetzen, an der Welt, damit sich so etwas nicht wiederholt, ist nicht nur ein natürlicher Gedankenreflex, sondern auch der richtige Weg. Wir gehören in Deutschland zwar zu den reichsten paar Prozent dieses Planeten, trotzdem liegt auch hier einiges im Argen.
Psychotherapieplätz etwa haben eine Wartezeit von mehreren Monaten. Mobbing in der Schule ist ein Problem, das so alt ist wie die Schule selbst und das genau so lange mit Plattitüden a la „Lass dir das nicht gefallen“ oder „Ignorier sie einfach“ vom Tisch gewischt wird. Fremdenfeindlicher Hass, dem der Täter wohl ausgesetzt war, entwickelt sich in den letzten Jahren von einem Rand- zu einem Massenphänomen. Kurz: Es gäbe viele Ansätze, um auf dem Massaker vom Olympia-Einkaufszentrum herumzudenken, damit Menschen wie David S. künftig nicht noch einmal zu Mördern werden. Hier einige Vorschläge aus der Politik:
- Bayerns Innenminister Herrmann fordert Unterstützung durch die Bundeswehr.
- Innenminister De Maizière macht Computerspiele für die Tat mitverantwortlich.
- Volker Kauder möchte die Sicherheitsbehörden stärken und wünscht sich eine Zusammenarbeit mit amerikanischen Geheimdiensten. Darüber hinaus ist er der Meinung, dass „diese Ego-Shooter-Spiele hinterfragt werden müssen“.
- Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl findet, Polizei und Nachrichtendienste müssten ihre Arbeit ausweiten. Außerdem beklagt er: „Wir haben ja ein etwas gestörtes Verhältnis zu unseren Nachrichtendiensten, das ist im Ausland anders.“
Man hat den Eindruck, die Herren reden allesamt über einen völlig anderen Vorgang. Aber es ist lediglich eine völlig andere Perspektive. In der konservativen Weltsicht kommt das Böse eben immer von außen: aus der Hölle, aus einem anderen Land, aus dem Beat-Radio oder eben aus diesem Internet, von wo aus irgendwelche ausländischen (!) Googlekonzerne die Gedanken der Jugend vergiften.
Wenn man Taten wie die in München verhindern will, muss man den mühsamen Perspektivwechsel nach innen vornehmen, in die eigene Gesellschaft hineinblicken, auf die eigenen Leute, auf die eigenen Werte. Wir müssen uns selbst fragen, wie so etwas passieren kann, nicht die Computerspielhersteller und nicht die Geheimdienste.
Der Amokläufer von München kam so wenig aus einem anderen Land, aus dem Internet oder von einem anderen Planeten, wie der von Ansbach, der von Winnenden, der von Emsdetten, der von Erfurt, der von Freising oder der von Bad Reichenhall. Das ist ein schmerzhaftes Eingeständnis und das bedarf drei Ebenen mehr Reflektion als das Behaupten simpler Kausalketten.
Der Attentäter rief: „Wegen Leuten wie euch wurde ich gemobbt. Sieben Jahre lang. Und jetzt muss ich ne Waffe kaufen, um euch abzuknallen.“
Ich habe große Zweifel, dass Computerspielverbote, der Einsatz der Bundeswehr im Innern oder mehr Befugnisse für die Geheimdienste den nächsten David S. verhindern können.
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