Am Anfang war ein „Ich und meine große Klappe“-Moment: Bei einer Plauderei mit den Online-Kollegen des Handelsblatts schlug ich im Frühjahr 2006 vor, eine Web-Video-Reihe zu Digitalthemen zu produzieren. Am Ende dieser Gesprächsrunde hatte ich ein „na, dann mach doch mal n Piloten!“ ergattert und das Gefühl, unter Umständen einen mittelschweren Fehler begangen zu haben, denn eine Videokamera besaß ich so wenig wie ein Schnittprogramm, und das Handwerk der Videoerstellung war mir in etwa so vertraut wie mongolische Hochzeitsgesänge.
Webvideo war 2006 noch ein recht exotisches Dings. Youtube war gerade mal ein Jahr alt, und die News-Angebote fingen erst langsam mit Bewegtbildexperimenten an. Einerseits. Andererseits war die Finanzkrise noch zwei Jahre entfernt und die Dotcom-Implosion sechs Jahre her. Online-Video galt damals vielen Web-Journalismus-Bescheidwissern als der ganz neue heiße Zukunftsscheiß, was der Offenheit meinem Vorschlag gegenüber möglicherweise ein Antischwerkraftfeld verliehen hat.
Ich kaufte mir also eine Videokamera; eine kleine…
… mit DV-Kassette. Und ein Mikrofon. Und einen Kopfhörer. Und Adobe Premiere 2. Das wars.
Am 21.09.2006, also vor knapp zehn Jahren, ging dann die erste Folge des Elektrischen Reporters online:
Danach produzierte ich einmal wöchentlich solch ein Ding, sprach unter anderem mit Brewster Kahle, Lawrence Lessig, Marissa Mayer, David Weinberger, Hossein Derakhshan, Mercedes Bunz, Jimmy Wales, Clay Shirky und war wahrscheinlich Deutschlands erster hauptberuflicher Webvideo-Reporter.
Herbst 2008, zwei Jahre später also, ging es dann ins Fernsehen. Die HR Neue Medien des ZDF hatte mich in den seinerzeit noch so heißenden ZDF-Infokanal hinein geschubst. Damals war die öffentliche Wahrnehmung des Netzes noch eine andere. Man musste den Menschen beispielsweise noch Twitter erklären. Was der Elektrische Reporter übernahm:
Knapp 200 Folgen und acht Jahre später läuft heute Nacht auf ZDFinfo die letzte Folge des Elektrischen Reporters in der gewohnten Kurzmagazin-Form, und die sieht so aus:
Aber das ist mitnichten das Ende des Elektrischen Reporters, im Gegentum: Künftig werden wir Dokumentarfilme zu Digitalthemen produzieren. Die Zeiten haben sich geändert, vierminütige Beiträge werden dem Digitalen des Jahres 2016 einfach nicht mehr gerecht. Deswegen sollen es 45 Minuten sein. Zwei dieser Filme befinden sich bereits im Stadium der Vorproduktion.
Im Februar dieses Jahres, im Windschatten meines ersten Spielfilms Operation Naked, hat das Team des Elektrischen Reporters schonmal öffentlich geübt und für ZDFinfo und Arte die Doku „Ich weiß, wer Du bist“ gedreht. Wenn man so will, war das eine Art Pilot der neuen Inkarnation des Elektrischen Reporters:
Wir alle, das ganze Team, freuen uns sehr auf die neuen, mindestens fabulösen und maximal sagenhaften Möglichkeiten, die uns das lange Format schenken wird, und hoffen darüber hinaus sehr, Sie bleiben uns gewogen 🙂
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